Vermietung nach Unfall

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 48-23

Amtsgericht Bonn 118 C 98/23 vom 13.11.2023 

1. Der zu erstattende Schadenersatzbetrag aufgrund Mietwagenkosten nach einem Unfall ist mittels Mischmodell Schwacke/Fraunhofer zu bestimmen.
2. Die Argumente beider Seiten gegen die Anwendung des Mischmodells greifen nicht durch.
3. Ein Aufschlag von 20 Prozent auf den Grundbetrag ist aufgrund unfallbedingter Mehrleistungen gerechtfertigt und daher zu erstatten.
4. Der Kläger musste für die Erstattungsfähigkeit des Normaltarifes (plus Aufschlag) nicht nachweisen, dass der Mietwagen korrekt zugelassen ist.
5. Nebenkosten für Haftungsreduzierung, Winterreifen, Zusatzfahrer, Navigation und Zustellen/Abholen sind ebenso erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn bleibt beim Mittelwert und weist die Argumente beider Seiten zurück. Auf den Grundbetrag ist ein unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt. Auch die angefallenen Nebenkosten sind zu erstatten. Auf den Nachweis der korrekten Zulassung des Ersatzfahrzeuges kommt es nicht an.

Bedeutung für die Praxis: Die Schätzung mittels Mischmodell Fracke erfolgt hier trotz konkretem Sachvortrag der Klägerin gegen die Anwendbarkeit der Fraunhofer-Liste. Der Klägervortrag wird zurückgewiesen, aber ohne eine verständliche Begründung. Anders die Zurückweisung des Beklagtenvortrages. Hier fällt es dem Gericht recht leicht, das als unkonkret und nicht auf den Fall bezogen anzusehen. Denn die Screenshots der Beklagten sind mit feststehendem Mietende versehen und Monate nach der tatsächlichen Anmietung erfolgt, enthalten auch keine konkreten Konditionen der Mietbeispiele aus dem Internet. Es lässt sich daraus nicht erkennen, dass der Geschädigte diese Preise hätte tatsächlich erlangen können. Anders der Klägervortrag, der sich gegen die in Fraunhofer ausgewiesenen Werte richtet. Der Kläger legte dar, dass eine korrekte Eingruppierung der Fahrzeuge durch Fraunhofer unmöglich gewesen ist und mit eine Berücksichtigung auch der Fraunhofer-Werte der Willkür Tür und Tor geöffnet würde. Das konnte die Klägerin auch mit einem Gutachten gegen die Fraunhofer-Werte belegen  (BAV-Gutachten bzgl. Fraunhofer) und damit den verlangten konkreten Sachvortrag halten. Das Gericht wischt das mit dem Satz "Bedenken ... werden zurückgestellt" vom Tisch. Denn das sei nicht hinreichend substantiiert, ohne zu beantworten, warum das nicht substantiiert sein soll.
Die Beklagte hatte außergerichtlich einen weit unter dem Normaltarif liegenden Betrag bezahlt. Hintergrund war wohl das Verlangen nach einem Nachweis der korrekten Zulassung des Mietwagens als Selbstfahrervermietfahrzeug, so war man wohl nur bereit, einen Werkstattersatz-Tarif zu zahlen. Die Klägerin als gewerbliches Autovermietunternehmen hat ihre Fahrzeuge zwar korrekt zugelassen, hält es aber für schadenrechtlich nicht relevant, wie der Ersatzwagen zugelassen ist und will sich vom Versicherer in dieser Frage nicht gängeln lassen. Das Gericht dazu: Ein Unternehmen, das behördlich als Autovermietung registriert ist, kann seine Fahrzeuge nur als Selbstfahrervermietfahrzeug zulassen. Würde man es anders versuchen, würde die Zulassungsstelle schon am Namen des Halters erkennen, wie die Zulassung zu erfolgen hat. 
Natürlich sind alle Mietwagen korrekt zuzulassen. Dass die Versicherer meist schon mit falschen Begriffen hantieren, verkompliziert den Streit um die korrekte Zulassung jedoch. Versicherer unterscheiden zwischen Werkstattersatz-Tarif und Normaltarif. Sie meinen, ein Werkstattersatzwagen müsse nicht als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen sein und darum würde der erheblich günstiger angeboten. Doch das ist grober Unsinn. Alle zu vermietenden oder gar kostenlos herausgegebenen Fahrzeuge im Zusammenhang mit Reparaturen, Liegenbleiben usw. sind als Selbstfahrervermietfahrzeuge zuzulassen. Insofern beruht die Regulierung lediglich des Werkstattersatz-Tarifes wegen ungeklärter Zulassung auf einem Irrtum (oder reiner Bosheit). Verschiedene Tarifbezeichnungen wie Werkstattersatz-Tarif, Normal-Tarif, Selbstzahler-Tarif, Ersatzwagen-Tarif sind lediglich Unterscheidungen in Bezug auf den Zweck der Vermietung und die ausgewiesenen Preise können höher oder niedriger sein. Es besteht kein Zusammenhang zur Zulassung des Fahrzeuges. Richtig ist, dass eine Vermietung eines Ersatzfahrzeuges bei geplantem Werkstattaufenthalte, wie zum Beispiel für eine Wartung oder Inspektion, von der Werkstatt ggf. mit einem in Teilen subventionierten Mietwagenangebot flankiert wird, um den Kunden während dieser Zeit mobil zu halten. Dieser Tarif ist in der Regel niedriger als der Normaltarif und Versicherer wollen auch gern nur diesen Betrag bezahlen. Dafür gibt es jedoch bei Vermietung nach einem Unfall keine Berechtigung, so der BGH schon vor vielen Jahren: BGH VI ZR 151/03 vom 12.04.2004 und VI ZR 234/07 vom 24.06.2008.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 47-23

Amtsgericht Dresden 105 C 590/23 vom 09.08.2023 

1. Der Grundwert erstattungsfähiger Mietwagenkosten nach einem Unfall ist nach der Schwacke-Liste korrekt bestimmt.
2. Eine umfangreiche Marktanalyse, um für den Schädiger zu sparen, hat der Geschädigte nicht zu betreiben.
3. Sofern das Mietfahrzeug an fünf verschiedenen Tagen benötigt wurde, sind auch fünf Tage Mietwagenkosten erstattungsfähig.
4. Die Schätzung der Mietwagen entsprechend vergleichbarer Preise am regionalen Markt erfolgt anhand der Tagespreise.
5. Die entstandenen Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterbereifung, Zustellung (nach Schwacke) und auch für Desinfektion sind erforderlich, angemessen und daher zu berücksichtigen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Dresden wendet allein die Schwacke-Werte an und verweist darauf, dass sich die/der Geschädigte unter dem Referenzpunkt Schwacke + 50 % auch nicht nach günstigeren Alternativen erkundigen muss. Nebenkosten kommen hinzu, ebenso Kosten für Desinfektionsmaßnahmen beim Mietwagen. Ein Abzug für Eigenersparnis, durch die Klägerin erfolgt in Höhe von 10 Prozent, wird nicht beanstandet.

Bedeutung für die Praxis: Die Gerichte in Dresden wenden weiter Schwacke an. Die Grundlage ist hier nicht wie üblich die Überlegung, dass der Beklagtenvortrag pro Fraunhofer / Fracke unkonkret und nicht auf den Fall bezogen gehalten wurde. Hier wird unter einer rechnerischen Grenze Schwacke-Mittelwert + 50 Prozent argumentiert, dass der Geschädigte sich nicht nach Alternativen umsehen musste, da der Betrag nicht deutlich überhöht ist. Das berücksichtigt, dass auch in Schwacke eine Bandbreite "von bis" abgebildet ist und ein Angebot im Bereich des Schwacke-Mittelwertes im Augenblick der Anmietung nicht erreichbar sein muss, weil zum Beispiel am konkreten Ort oder zu dem Zeitpunkt nicht verfügbar. Wenn diese Linie auch eher großzügig im Vergleich zu anderen Gerichten erscheint, gilt es, folgendes zu bedenken: Wäre die Linie falsch, müsste es den Versicherungen sehr leicht möglich sein, konkret und auf den Fall bezogen dagegen vorzutragen. Dem ist aber nicht so.

Neue Schwacke-Liste ist da

Die Firma EurotaxSchwacke hat die Schwacke-Liste Automietpreisspiegel 2023 veröffentlicht.

Ein erster Blick zeigt wenige Veränderungen sowohl im Aufbau, als auch bei den Mittelwerten.

Wer Fragen hat, zum Beispiel, wo sich Vorwort und Nebenkosten verstecken, darf sich gern auch bei uns erkundigen. Der Zugang zum Automietpreisspiegel im SchwackeNet ist übrigens mit einer BAV-Mitgliedschaft und einer Bestellung über uns etwas günstiger, wenn auch noch immer extrem teuer.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 46-23

Amtsgericht Frankfurt/Oder 26 C 209/23 vom 05.09.2023 (Verfügung)

1. Der zu erstattende Schadenersatzbetrag für Kosten eines Ersatzwagens (Grundbetrag) wird anhand des Mischmodells geschätzt.
2. Der Grundbetrag lässt sich aus der Summe der Pauschalen (wie Woche, 3 Tage, Tag) der Listen zusammenrechnen.
3. Für unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters, die für die Ersatzmobilität des Geschädigten erforderlich sind, kann ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent zugeschlagen werden.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung und Zustellung sind ebenso ersatzfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Frankfurt/Oder gibt den Parteien in einer Verfügung bekannt, dass es den geforderten weiteren Schadenersatz bzgl. Mietwagenkosten zusprechen würde. Die Linie lautet Fracke + Aufschlag + Nebenkosten abzgl. 10 %.

Bedeutung für die Praxis: Immer mehr Vermieter und Anwälte befassen sich mit der Frage, ob bei Vermietung nach einem Unfall gute Gründe vorgebracht werden können, dass aufgrund der Erforderlichkeit auf den Normaltarif ein unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt erscheint und durchsetzbar ist. Viele Gerichte sehen einen solche Berechtigung bereits dadurch gegeben, dass der Geschädigte die Mietwagenkosten vor Anmietung nicht selbst verauslagen konnte und daher ein zusätzliches Ausfallrisiko und eine zum Teil jahrelange Zahlungsverzögerung beim Vermieter zu kalkulieren sind.
Die Eigenersparnis-Abzüge erfolgen leider vom Gesamtbetrag. Das ist kritisch zu sehen, weil damit auch Abzüge bei den Kosten für die Haftungsreduzierung u.a. erfolgen, was aus Sicht des Geschädigten nicht nachvollziehbar ist.

Bundesgerichtshof bestätigt Abtretungsformular des BAV

Der BGH konkretisiert seine Anforderungen in Bezug auf die Transparenz der Formulierungen einer "Abtretung erfüllungshalber".

Das Urteil zum Az. VI ZR 27/23 (vom 17.10.23) ist der Urteilsdatenbank zu entnehmen.

Die von uns als Autovermieter-Vertretung empfohlenen Formulierungen sind vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Im Ergebnis dürfte klar sein, dass der überwiegende Teil der Abtretungen, die im Reparatur-, Sachverständigen-, Abschlepp- und Mietwagenbereich kursieren, falsch formuliert sind. Unsere Leistung für die Branche der Autovermieter und vermietenden Reparaturbetriebe sehen wir darin, 

- die juristisch richtigen Formulierungen zu kennen, in ein Formular zu bringen und der Branche ohne weitere Kosten zur Verfügung zu stellen,
- Verbandsmitglieder in Fällen der gerichtlichen Auseinandersetzung in diesem Punkt zu beraten, auch für die Entscheidung, in eine Berufung zu gehen oder die Revision zu beantragen und durchzuführen,
- die Risiken für und wieder einer Revision einzuschätzen und abzuwägen, wie notwendig der Revisionszug ist und wie gefährlich dagegen ein negatives Revisions-Ergebnis für tausende offene Forderungen und laufende Verfahren in den Instanzen.

Wir haben die juristischen Fragen richtig eingeschätzt und strategisch die richtige Entscheidung getroffen. Denn immerhin war die VHV bereits an mehreren Landgerichten mit ihrer letztlich falschen Sichtweise erfolgreich, ohne dass dort die Revision zugelassen wurde.

Hier haben wir uns in 2022 und immer wieder als in solchen Fragen der Durchsetzung von Ersatzwagenkosten kompetent hingestellt und allen Interessierten unsere Unterstützung angeboten: https://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/3661-angebot-unterstuetzung-bei-konkretem-sachvortrag.html

Wie man nun sehen kann, sind das keine leeren Worthülsen. Sprechen Sie uns also an, wenn Sie gute Hilfe gut gebrauchen können. 

Das von uns empfohlene Formular finden Sie (als BAV-Mitglied) im internen Bereich der BAV-Seite (mit BAV-Passwort) hier:

https://www.bav.de/aktuelles/intern/3864-abtretungsformulare-ab-04-2023.html 
("Abtretung erfüllungshalber" und "Abtretung an Erfüllung statt")

Wer diese Formulare verwenden will, kann Mitglied unserer Interessengemeinschaft werden. Wir brauchen diese Unterstützung dringend. Was Sie im Gegenzug von uns erwarten können, ist an diesem Beispiel deutlich geworden.

Lange Mietdauer: Geschädigter kann dem Schadengutachten vertrauen

Manchmal braucht die Werkstatt länger, als zunächst gedacht. Eine Angst, dass dann der Versicherer höhere Mietwagenkosten nicht tragen müsste, ist unbegründet.

Eine lange Verzögerung der Reparatur kann zwar dazu führen, dass die Mietwagenkosten stark ansteigen. Der Versicherer wird dann auch versuchen, dem Geschädigten anzulasten, er hätte sich statt des Mietfahrzeuges eine Notreparatur seines Fahrzeuges überlegen sollen.

Aber Geschädigte, die nicht auf der Basis eines Kostenvoranschlages reparieren lassen, sondern einen Sachverständigen mit der Erstellung eines privaten Schadengutachtens beauftragt haben, sind vor dem Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht geschützt. Ist im Gutachten geklärt, dass eine Notreparatur nicht sinnvoll ist, ist der Geschädigte aus dem Schneider, auch wenn die Mietwagenkosten steigen. Das ist auch nicht anders zu sehen, wenn ein vom Gericht bestellter Sachverständiger anders als der selbst beauftragte Sachverständiger später feststellt, dass eine Notreparatur doch möglich und sinnvoll gewesen wäre, um hohe Mietwagenkosten zu vermeiden.

In einem Fall - verhandelt am OLG Celle (Az. 14 U 19/23, Urteil vom 13.09.2023) - waren ca. 7.000 Euro Mietwagenkosten aufgelaufen, weil sich die Reparatur verzögerte. Im Gerichtsprozess wurde zwar geklärt, dass das erste Gutachten in diesem Punkt nicht korrekt gewesen sei. Doch das könne dem Geschädigten nicht angelastet werden und so hatte der Versicherer des Unfallverursachers die hohen Mietwagenkosten zu bezahlen.

Letztlich hatte sich der Versicherer nur deshalb so standhaft gegen die Zahlung der Mietwagenkosten gewehrt, weil ihm die Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten im Vergleich zu der ca. ebenso teuren Reparatur eine gute Gelegenheit schien, der Seite des Anspruchstellers die Unverhältnismäßigkeit der Kosten für einen Ersatzwagen vorzuwerfen. Damit ist der Versicherer jedoch gescheitert.

Das Urteil ist auch als MRW-aktuell-Newsletter besprochen worden und in der BAV-Urteilsdatenbank abrufbar.

Wieder erzählt der Versicherer Märchen

Ich berichte schon wieder über einen Fall angeblicher Preisvorgabe für einen vom Geschädigten benötigten Mietwagen. Schon wieder... und doch wird es sich nur um die Spitze des Eisberges handeln.

Ausgangslage

Der Versicherer des Schädigers streicht den Schadenersatzbetrag des Geschädigten für Ersatzmobilität auf ein Minimum zusammen und behauptet zur Begründung, er habe dem Geschädigten ein konkretes annehmbares Mietwagenangebot zu einem bestimmten sehr niedrigeren Preis überbracht. (Regulierungsschreiben zu Mietwagenkosten, Anlage 1).

Doch die Behauptung, dem Geschädigten wäre ein verbindliches und annahmefähiges Angebot unterbreitet, ist mehr als zweifelhaft und nach den uns vorliegenden Informationen unwahr.

Der Fall geht so  

In der Nähe von Frankfurt gerät jemand mit einen Renault ZOE unverschuldet in einen Unfall. Der Geschädigte mietete bei einem regionalen Unternehmen einen Ersatzwagen. Die Schadenersatzforderung wird vom Versicherer lediglich teilweise bezahlt. Die Begründung lautet, man habe rechtzeitig auf günstigere vergleichbare Anmietmöglichkeiten bei XY hingewiesen.

Die (schriftliche) Aussage des Geschädigten dazu lautet ganz anders. Der Vermieter fragt daraufhin beim Geschädigten nach und von dort heißt es:

1. Ich wurde nicht angerufen, ich habe selbst angerufen, weil ich die Schadennummer wissen wollte. Über Mietwagen wurde aber nicht gesprochen (Geschädigter hat das verschriftlicht).

2. Auch meine Frau hatte kein solches mündliches Gespräch zu Mietwagen und Mietwagenkosten. (Geschädigter hat auch das verschriftlicht).

3. Schriftlich gab es eine kurze Korrespondenz, auch hier kein Wort bzgl. Mietwagen. (Anlage 2)

Das bedeutet also, dass der Versicherer zum Thema Mietwagen gegenüber dem Geschädigten keine Aussagen getätigt hat, weder mündlich noch schriftlich.

Behauptungen des Versicherers

Und doch liegt beim Versicherer ein internes Protokoll "Gesprächsbericht" dazu vor. Darin wird das Gegenteil behauptet. In dem Gespräch am 08.02.2023 sollen Angaben zu den Details des beschädigten Fahrzeuges gefallen sein und der Geschädigte soll darüber informiert worden sein, bei welchem Vermieter er ein zu seinem eigenen Fahrzeug vergleichbares zu einem Preis von 29,50 Euro pro Tag (inkl. aller Nebenleistungen, zzgl. eines Einmalbetrages von 80 Euro) erhalten könne. Obwohl weder mündlich noch schriftlich ein "Angebot" (oder etwas, dass der Versicherer dafür halten könnte) abgegeben wurde, einfach nichts in der Art, wird in der Schadenabteilung der DAdirekt ein Vermittlungsprotokoll angefertigt, das dem Geschädigten später vorgehalten werden kann und wurde.

Details

Selbst wenn zum Thema Mietwagen telefoniert worden sein sollte, passt das Angebot nicht zum Ersatzbedarf. Denn dem Geschädigten wäre ein zu kleines Ersatzfahrzeug untergejubelt worden. Sein Auto ist der Mietwagenklasse 05 zuzuordnen (Anlage 3). Der Versicherer ging bei seiner Zahlung von 29,50 Euro (!!!) pro Tag von Gruppe 03 aus. Das wäre ja auch noch günstiger für ihn gewesen und der Geschädigte hätte es - hätte es ein solches Angebot gegeben und wäre er darauf eingegangen - nicht besser gewusst.

Was dabei herauskommt, wenn man selbst den Schädigerversicherer anruft (oder man an das Telefon geht, wenn nach einem unverschuldeten Unfall eine unbekannte Nummer anruft), kann man an diesem Fall ablesen. Ein solcher Kontakt ist sinnlos, nicht notwendig und widerspricht den eigenen Interessen als Unfallopfer.

Der Geschädigte will (berechtigt) von einem Versicherer Geld haben und wird dabei sehr leicht ein zweites Mal das Opfer. Es reicht, sich Gutachter und Anwalt, Reparaturbetrieb und Autovermieter zu suchen und am Ende die Rechnung zum Versicherer zu senden oder das die Dienstleister bzw. den Anwalt tun zu lassen. 

Dem Vermieter haben wir zur Klage geraten und werden ihn unterstützen, sein Geld zu bekommen und ein Urteil zu erreichen, in welchem dem Versicherer ins Stammbuch geschrieben wird, dass solche Methoden nicht geduldet werden. Das Problem ist die Dunkelziffer, also die Annahme, dass Versicherer tausendfach damit durchkommen.

Unterstützung

Bitte wenden Sie sich in ähnlichen Fällen an uns.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 45-23

Landgericht Bonn 1 O 36/23 vom 22.09.2023

1. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten erfolgt anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel.
2. Die Fraunhofer-Liste ist für die Bestimmung dieser Schadenersatzposition nicht mehr verwendbar, da Fraunhofer die Fahrzeuge und damit die erhobenen Preise nicht korrekt in vergleichbare Mietwagenklassen einsortiert.
3. Die Frage der Erstattungsfähigkeit eines unfallbedingten Aufschlages konnte offen bleiben, da die Schadenersatzforderung unterhalb der Schwacke-Vergleichswerte lag. 
4. Die Kosten der angefallenen Nebenleistungen sind vollständig zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn wendet sich von Fraunhofer ab. Da begründete Zweifel darüber bestehen, dass Fraunhofer überhaupt in der Lage sein könnte, die erhobenen Preise korrekt in die Schwacke-Mietwagenklassen zu überführen, sind die ausgewiesenen Mittelwerte ungeeignet. So ist lediglich die Schwacke-Liste verwendbar, gegen deren Verwendbarkeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht hat sich ausführlich mit der Frage befasst, warum mit den vom Kläger vorgelegten Internetpreisen (BAV-Gutachten zur Fraunhofer) vollkommen andere Ergebnisse aufgezeigt werden, als sie mit der Fraunhofer-Liste und den Internetbeispielen der Beklagten vorgelegt werden. Die Beklagte konnte es nicht erklären, warum zwei Fahrzeuge eines Herstellers und desselben Typs / Untertyps mit derselben ACRISS-Klassifizierung und (damit derselben Gruppeneinordnung in Fraunhofer) je nach Ausstattung und Motorisierung in der Anschaffung 30.000 Euro und 60.000 Euro kosten können und daher - anders als es Fraunhofer umsetzt - in sehr verschiedenen Mietwagenklassen eingruppiert werden müssten. Das Gericht hat verstanden, dass die Fahrzeugdaten, über die Fraunhofer verfügt, für die Bestimmung eines vergleichbaren Fahrzeuges nicht ausreichen. Alle Erhebungsergebnisse werden von Fraunhofer daher nach eigenem Gutdünken den Mietwagengruppen zugeordnet. Das hat das Gericht erkannt. Daher sind die veröffentlichten Fraunhofer-Mittelwerte nicht nachvollziehbar und Fraunhofer für die Rechtsprechung ungeeignet, auch im Rahmen der Mittelwertbildung Fracke. Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Abtretungen weiterhin verwendbar und notwendig

Der eine oder andere aus der Branche mag sich fragen, ob wir als Autovermieter für die Schadenersatzleistung Ersatzfahrzeug weiterhin mit Abtretungen arbeiten können. Denn in der Schadenbranche wird seit einiger Zeit immer wieder vor der Verwendung von Abtretungen gewarnt. Der Hintergrund ...

weiterlesen...

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 44-23

Amtsgericht Siegburg 112 C 87/21 vom 06.07.2023 

1. Entgegen der Auffassung der beklagten Versicherung des Unfallversursachers hat der Geschädigte nicht gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen.
2. Das angebliche Mietwagenangebot der Beklagten lässt nicht erkennen, dass dem Geschädigten in seiner individuellen Unfallsituation ein konkretes Fahrzeug mit vergleichbaren Leistungsinhalten erheblich günstiger zur Verfügung gestanden hätte.
3. Die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten kann mittels Mischmodell erfolgen.
4. Auf den Grundbetrag aus der Vergleichsrechnung nach Fracke ist ein Aufschlag wegen zusätzlicher unfallbedingter Mehrleistungen des Autovermieters als erstattungsfähig anzusehen.
5. Die Forderungen bzgl. der Kosten von Nebenleistungen für Kasko, Zusatzfahrer, Winterreifen, Navigation und Zustellung/Abholung sind ebenso berechtigt.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Siegburg sieht keinen Verstoß des Geschädigten durch die Anmietung zu Marktpreisen nach Fracke. Denn der Versicherer hatte ihm kein konkretes Angebot unterbreitet. Zum Grundbetrag kommen ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent und die Kosten der Nebenleistungen hinzu.

Bedeutung für die Praxis: Der Versicherer hatte dem Geschädigten mitgeteilt, er können über ihn ein vergleichbares Fahrzeug bei bestimmten Vermietern erheblich günstiger als der Markt erhalten und ihm diesen Preis als Obergrenze vorgegeben. Der hatte trotzdem beim Kläger gemietet und der Kläger den Restbetrag eingefordert mit der Begründung, dass seinem Mieter vom Schädiger zuvor kein konkretes Angebot vorgelegt wurde. Das hat das Gericht bestätigt und die restlichen Forderungen im Rahmen der Erforderlichkeit zugesprochen. Mit dabei war ein unfallbedingter Aufschlag aufgrund der besonderen Leistungen des Klägers, wie der Verzicht auf Vorkasse und das Einräumen eines offenen Mietendes, dass zu Planungsschwierigkeiten des Vermieters für einen Anschlussmiete und damit zu vergleichsweise höheren Kosten führt. 
 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 43-23

Amtsgericht Rostock 49 C 11/23 vom 28.09.2023 

1. Das Gericht schätzt in Anlehnung an die Rechtsprechung des Berufungsgerichtes und des OLG den Normaltarif erstattungsfähiger Mietwagenkosten anhand des Mittelwertes der Listen von Schwacke und Fraunhofer.
2. Vom Grundbetrag des Fracke-Normaltarifs ist ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen des Geschädigten in Höhe von 5 Prozent als angemessen anzusehen.
3. Für angefallenen Mehraufwand des Autovermieters wegen unfallbedingter Mehrleistungen ist ein Aufschlag in Höhe von 20 Prozent zuzusprechen.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen, Winterreifen und Zweitfahrer sind grundsätzlich ebenso erstattungsfähig.
5. Die Desinfektion ist seinerzeit für die Nutzung des Fahrzeuges als Mietwagen erforderlich gewesen und daher sind die entstanden und für angemessen gehaltenen Kosten vom Haftpflichtversicherer zu zahlen.
 

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Rostock wendet zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten bei unfallbedingtem Ausfall des eigenen Fahrzeuges den Mittelwert aus den Listen an. Darauf wird ein Pauschalaufschlag bei unfallbedingten Mehrleistungen in Höhe von 20 Prozent zugesprochen und auch die Kosten der erforderlichen Nebenleistungen sind erstattungsfähig.

Bedeutung für die Praxis: Bei der Frage der Höhe des Grundbetrages des Normaltarifs gegen die Amtsgerichte den weg von Berufungsgericht und Oberlandesgericht: Fracke ist die bevorzugte Methode. Allerdings wird auch ein Aufschlag für erstattungsfähig erklärt, wenn eine Eil- und Notsituation vorliegt oder wie hier wenn das Mietende offen bleiben muss, weil der Mieter den konkreten Rückgabe-Zeitpunkt des Ersatzfahrzeuges zu Beginn der Miete nicht angeben kann. Einen Abzug für ersparte Eigenkosten sieht das Gericht lediglich in Höhe von 5 Prozent für gerechtfertigt und dieser Abzug erfolgt korrekt auch lediglich vom Grundbetrag und nicht von Nebenkosten.
Auch die Frage des Erstattungsanspruchs der Desinfektionskosten für das Mietfahrzeug wurde durch das Gericht mit ausführlicher Begründung positiv beantwortet.

 

 

.

Preisvorgaben und Direktvermittlung: Neues Beispiel für unlauteres Gebaren

Wieder so ein Fall: Der Haftpflichtversicherer des Schädigers will dem Geschädigten Vorgaben zum Ersatzwagen machen und schon geht die Lügerei los.

Diesmal war der Geschädigte zufällig ein mittelständischer Autovermieter. Daher wusste der ganz genau was passiert und hat auch - anders als ein normaler Verbraucher das als Unfallopfer könnte - genauer hingesehen und genauer nachgefragt.

Die vollständige Eintrittspflicht des Versicherers stand fest, da sich ein Anhänger beim Schädiger gelöst hat und an einer Ampel auf die Front des stehenden Mietwagens geprallt ist. Der Versicherer, die Zurich-Versicherung, hat sich auch schnell beim Halter des Unfallfahrzeuges gemeldet. Der Vermieter hat geantwortet, dass er selbst Vermieter sei UND KEIN ERSATZFAHRZEUG BENÖTIGT WIRD.

Und dann kommt doch tatsächlich ein Schreiben der Zurich beim Halter des Fahrzeuges - dem Vermieter - an, in dem behauptet wird, dass man durch die Zurich einen Mietwagen angeboten bekommen habe und der konkrete Schadenersatzanspruch, die konkreten Konditionen und die Inhalte der Mietwagen-Dienstleistung miteinander besprochen wurden. Das ist eine dreiste Lüge des Versicherers. Denn soweit kam es in dem Telefonat nicht. 
(Zwar steht da auch, dass der Geschädigte sich selbst kümmern wollte, aber die Konditionen sind trotzdem nicht besprochen worden.)

Anlage: Schreiben der Zurich

Der Fahrzeughalter, der als mittelständischer Autovermieter immer wieder Kunden bedient, die bei Enterprise kein Auto bekommen konnten, hat nun genauer wissen wollen, ob das angeblich bereitstehende Fahrzeug tatsächlich bei Enterprise auf ihn wartet. Also rief er die von der Zurich genannte Telefonnummer an und das Callcenter verneinte: Im Umkreis von 50 km kein vergleichbares Fahrzeug.

Auf die Bitte hin, dem Geschädigten das schriftlich zu bestätigen, denn man müsste ja der Zurich irgendwie erklären, dass das nicht funktioniert hat und daher ein Mietwagen zum Marktpreis anstatt zum minimalen Direktvermittlungspreis schadenrechtlich von der Zurich gefordert werden könnte: "Nein wir geben nichts schriftlich raus, ich kann gar keine externen Mails versenden."

Nochmals kurz zusammengefasst:

1. Der Versicherer behauptet, mit dem Geschädigten mündlich im Detail besprochen zu haben, was sein Mietwagenbedarf sei und was er tun solle, um der Preisvorgabe der Zurich entsprechend mobil zu sein und am Ende nicht auf den Schaden sitzen zu bleiben. Tatsächlich ist das eine Lüge.
(Der Vorgang ist hier bekannt und Belege können - soweit entstanden - vorlegt  / Zeugnis kann erbracht werden.)

2. Über die Tatsache hinaus, dass hier in Bezug auf den Inhalt der Informationen gelogen wurde, hätte der Geschädigte auch keinen Ersatzwagen bekommen. Denn der Kooperationspartner hatte kein Fahrzeug. In einem solchen Fall braucht der Geschädigte dazu einen Nachweis, damit sein Schadenersatzanspruch nach § 249 BGB später nicht wegen eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht nach § 254 BGB gekürzt wird. Diesen Nachweis kann er aber nicht führen, weil ihm der Beleg verwehrt wird.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 42-23

Amtsgericht Sinzig 14 C 68/23 vom 05.10.2023 

1. Die Forderungen der Klägerin angelehnt an die Werte aus der Schwacke-Liste Automietpreisspielgel sind angemessen und vom Haftpflichtversicherer zu erstatten.
2. Der Verweis der Beklagten auf die Fraunhofer-Liste, alternative Internetbeispiele und ein angebotenes Sachverständigengutachten sind keine Ersatz für ihren konkreten Sachvortrag.
3. Auf den Grundwert des Normaltarifes ist ein Aufschlag für erforderliche und erbrachte unfallbedingte Mehrleistungen zu gewähren.
4. Bei klassenkleinerer Anmietung entfällt der Abzug für ersparte eigene Aufwendungen des Geschädigten.
5. Dem Geschädigten obliegen keine generellen Erkundigungspflichten nach preiswerteren Alternativen.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Sinzig sieht zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten die Werte der Schwacke-Liste als verwendbar an. Auch einen unfallbedingter Aufschlag hat die Versicherung zu erstatten. Dem Geschädigten obliegt es nicht generell, sich am Markt zu erkundigen, sondern lediglich wenn der Ersatzwagenanbieter einen überhöhten Mietwagenpreis verlangt. 

Bedeutung für die Praxis: Auch hier wird die Schwacke-Liste als Maßstab für die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten angesehen. Die üblichen Einwendungen des Versicherers ändern daran nichts, wenn man die BGH-Rechtsprechung anwendet. Denn weder der Einwand Fraunhofer, die Internetscreenshots und auch kein Beweisangebot per einzuholendem Sachverständigengutachten stellen einen konkreten Sachvortrag dar, warum die Schwacke-Liste nicht anwendbar sein sollte.
Zudem wird das Instrument des pauschalen Aufschlages so eingesetzt, wie es der BGH gemeint hat: Liegen Aufschlagsgründe vor, dann ja und dann pauschal.
So lange die vom Geschädigten akzeptierten Mietwagenpreise im Rahmen von Schwacke (sicherlich so lange, wie nicht weit darüber) liegen, kann das Gericht auch keine Erkundigungspflicht nach alternativen und günstigeren Angeboten erkennen.

Kammergericht Berlin greift BAV-Gutachten bezüglich Fraunhofer auf

Der 22. Zivilsenat des Kammergerichtes in Berlin (Oberlandesgericht) hat die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste bestätigt und das explizit damit begründet, dass die Klägerin unser BAV-Gutachtens eingereicht habe, welches deutlich macht, dass die Werte der Fraunhofer-Liste nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Ein solches Gutachten bieten wir jedem an, der es bei uns nach einer kurzen Rücksprache bestellt. Dafür liegen ausreichende Datenmengen vor, die für die Jahre ab 2020 bis 2022 für viele Städte / Regionen die Basis für die Erstellung solcher Gutachten bilden können.

Insgesamt tausende Screenshots liegen vor für:

Aachen ...

weiterlesen...

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 41-23

Kammergericht Berlin 22 U 49/23 vom 06.10.2023 (Beschluss)
(Vorinstanz Landgericht Berlin 50 O 113/22 vom 24.04.2023)

1. Mittels Beschluss nach § 522 ZPO weist der Senat die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung darauf hin, dass ihre Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die vom Landgericht angeführten Gründe zur Anwendung der Schwacke-Liste seien nicht zu beanstanden, insbesondere dort zum Vorzug von Schwacke vor Fraunhofer und zum lediglich allgemein gehaltenen Vortrag der Beklagten gegen die Anwendbarkeit der Werte der Schwacke-Liste.
3. Der Senat verweist darüber hinaus auf das klägerseits vorgelegte BAV-Gutachten zu tatsächlichen und von Fraunhofer erheblich abweichenden Internetpreisen. Auch deshalb sei es sachgerecht, lediglich die Schwacke-Liste als anwendbar anzusehen.
4. Der Verweis der Beklagten auf angebliche günstigere Anmietmöglichkeiten für Geschädigte bleibt unberücksichtigt, weil zu unkonkret. Es fehlt der Beweis, dass den Geschädigten solche angeblich zumutbaren und verfügbaren Angebote konkret vorgelegen haben.
5. Die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Winterreifen ist nicht abhängig von der Ausstattung des beschädigten Fahrzeuges des Geschädigten sondern von den zu erwartenden Witterungsverhältnissen.
6. Die Kosten auch für ein Navigationsgerät sind erstattungsfähig unabhängig von ihrem festen Einbau, sofern sie Teil der gebuchten Fahrzeug-Leistungen sind.

Zusammenfassung: In einem Hinweisbeschluss an die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers bestätigt das Kammergericht (Oberlandesgericht von Berlin) eine Entscheidung der Erstinstanz voll und ganz. Damit ist für Berlin die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste weiterhin als vorzugswürdig vor dem Mischmodell und vor der Fraunhofer-Liste anzusehen. Auch die Erstattungspflicht der Versicherer für Kosten erforderlicher Nebenleistungen ist nochmals bestätigt worden, hier für Winterreifen und Navigationsfunktion.

Bedeutung für die Praxis: Das Kammergericht sieht in den Urteilsgründen der Erstinstanz keine Ansatzpunkte für die Berufung der Beklagten gegen die Schwacke-Liste. Das Erstgericht hatte ausführlich dargestellt, warum die klägerische Abrechnung und der Vergleich mit der Schwacke-Liste nicht zu beanstanden sind. Das Berufungsgericht sah auch im klägerseits vorgelegten BAV-Gutachten zu den Fraunhofer-Internetpreisen eine tragfähige Argumentation, warum Schadenersatzforderungen allein auf Basis der Schwacke-Liste als gerechtfertigt anzusehen sind. Entscheidungen wie die jüngst publik gewordenen des OLG Saarbrücken und des LG Hagen sind ein Ergebnis unzureichender Kenntnisse und/oder Mühen bei Vermietern, Anwälten und Gerichten, dem man möglicherweise abhelfen kann, wenn man will.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 40-23

Amtsgericht Leipzig 108 C 358/23 vom 03.07.2023

1. Einwände der Beklagten gegen die Aktivlegitimation der Klägerin sind zurückzuweisen, da sie selbst bereits einen Teil der Forderung gegenüber dem Kläger geleistet hat.
2. Die Dauer der Ersatzanmietung ist nachvollziehbar, ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht liegt daher nicht vor. 
3. Der Normaltarif der erforderlichen Mietwagenkosten ist mittels Schwacke-Liste zu schätzen, Vortrag der Beklagten dagegen ist unkonkret.
4. Der Abzug für ersparte Eigenkosten wird mit 10 Prozent bemessen.
5. Nebenkosten der Haftungsreduzierung, Zusatzfahrer-Erlaubnis, Zustellen und Abholen sind zusätzlich zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Leipzig wendet zur Schätzung von Mietwagenkosten die Schwacke-Liste an und setzt weitere Kosten für angefallene Nebenleistungen hinzu. Vorwürfe der Beklagten, gerichtet an den Geschädigten, er hätte zur Verkürzung der Mietdauer und schadenmindernd auf die reparierende Werkstatt einwirken müssen, weist das Gericht zurück.

Bedeutung für die Praxis: Relevant ist zunächst, dass das Gericht die Schwacke-Liste anwendet und den Vortrag der Beklagten gegen deren Verwendbarkeit als unsubstantiiert zurückweist. Das Gericht verweist auf die Auffassung des BGH, dass es einer Klärung der Anwendbarkeit einer Liste er erst dann bedarf, wenn drei konkrete Vergleichsangebote vorgelegt werden. Das war hier nicht erfolgt, daher wurde von Seiten des Gerichts über Schwacke auch nicht diskutiert.
Die Beklagte monierte vor allem eine nach ihrer Auffassung zu lange Mietdauer. Der Geschädigte hätte nach Ablauf der vom Sachverständigen geschätzten Reparaturdauer beschleunigend auf die Werkstatt einwirken müssen. Auch das hat das Gericht nicht als eine Pflicht des Geschädigten angesehen, der ab der Reparaturbeauftragung auf die Leistung der Fachleute vertrauen darf und nur ausnahmsweise noch in der Lage und gehalten ist, Einfluss zu nehmen.
Das Gericht begründet sehr verständlich, warum der Geschädigte auch dann die Kosten einer Haftungsreduzierung ersetzt verlangen kann, wenn er sein eigenes Fahrzeug nicht kaskoversichert fährt.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 39-23

Oberlandesgericht Celle 14 U 19/23 vom 13.09.2023
(Vorinstanz Landgericht Hannover 18 O 140/21 vom 18.01.2023)

1. Ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Obliegenheit zur Minderung des Schadens ist nicht darin zu sehen, dass statt einer Notreparatur des beschädigten Fahrzeuges eine Ersatzanmietung vorgenommen wurde.
2. Eine Entscheidung für eine Notreparatur kann ebenso wie die Entscheidung dagegen den Vorwurf der Schadenminderungsverletzung aufwerfen.
3. Beschränkte Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten können nicht anspruchsmindernd wirken, sondern allenfalls anspruchserweiternd.
4. Die Höhe der Mietwagenkosten war nicht als unverhältnismäßig anzusehen, was keine besonderen Überlegungen für eine Notreparatur auslösen kann.
5. Zur Auslösung des Hemmungstatbestands der Verjährung des Schadenersatzanspruchs ist eine genaue Bezifferung der Höhe des Anspruches nicht notwendig.

Zusammenfassung: Das Oberlandesgericht Celle spricht weitere Mietwagenkosten für eine lange Mietdauer zu und widerspricht dem Haftpflichtversicherer in der Frage der Verjährung des Schadenersatzanspruchs und ebenso in Bezug auf seine Auffassung, dass dem Geschädigten vorzuwerfen sei, er hätte eine Notreparatur veranlassen müssen, um entsprechend seiner Schadenminderungspflicht eine längere Ersatzanmietung zu verhindern.

Bedeutung für die Praxis: Der Haftpflichtversicherer verweigerte die Regulierung von Mietwagenkosten mit der Begründung, eine Notreparatur wäre angezeigt gewesen. Der Geschädigte hatte jedoch selbst ein Sachverständigengutachten eingeholt, aus dem sich für ihn zweifelsfrei ergab, dass eine Notreparatur im Vergleich zur erwartbaren Reparaturzeit nicht wirtschaftlich war. Subjektiv gesehen, hatte der Geschädigte keine Veranlassung, an der Wirtschaftlichkeit der Ersatzanmietung zu zweifeln, auch wenn sich im Laufe des Prozesses durch ein Gerichtsgutachten ergab, dass sich eine solche Notreparatur doch schadenmindernd ausgewirkt hätte. Daher spielte vor dem Hintergrund des Werkstattrisikos die anderslautende ex post-Sicht des Gerichtssachverständigen keine Rolle.
Auch die Einrede der Verjährung geht ins Leere. Denn allgemein wurde der Anspruch rechtzeitig vor Ablauf im Namen der Geschädigten erhoben worden, auch wenn nun die Klägerin an ihrer Stelle steht. Weder müssen die Bestandteile des Gesamtschadens lückenlos mitgeteilt werden, noch ist zu diesem Zeitpunkt eine konkrete Bezifferung notwendig.

Preisvorgaben für Ersatzfahrzeuge: DEVK in der Defensive

Vor dem Landgericht Köln hatte die DEVK am 20.02.2018 überraschend erfolgreich vorgetragen, dass dem Geschädigten bei den von ihr benannten und mit ihr kooperierenden Autovermietern ein passendes Ersatzfahrzeug gestellt worden wäre. Das Landgericht hatte sich nicht um die Frage gekümmert, ob der konkrete Schadenersatzanspruch des Geschädigten bei Zusendung des Direktvermittlungsschreibens geklärt gewesen ist oder ob es sich etwa nur um Behauptungen ins Blaue hinein handelt, wenn die DEVK aktiv wird.

Schadenrecht geht anders: Der Schädiger müsste beweisen, dass der Geschädigte eine falsche Entscheidung getroffen hat, in dem er ein anderes Mietwagenangebot zum Marktpreis angenommen hat. Eine falsche Entscheidung kann er aber nur getroffen haben, wenn er von der Beklagten ein annahmefähiges Angebot vorliegen hatte und das für einen Vergleich am Markt verwendbar war. Und so ist es regelmäßig nicht.

Der BGH ließ es geschehen. Den Berichterstatter im VI. Zivilsenat des BGH gibt es dort nicht mehr.

Viele Amts- und Landgerichte erkennen, dass ...

weiterlesen...

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 38-23

Landgericht Hannover 13 S 4/23 vom 15.06.2023 
(Vorinstanz Amtsgericht Hannover 434 C 7221/22 vom 10.01.2023)

1. Die Höhe des Grundbetrages erstattungsfähiger Mietwagenkosten ist anhand des Mischmodells aus Schwacke und Fraunhofer zu schätzen.
2. Der Auffassung der Beklagten ist nicht zu folgen, dass die Schwacke-Liste im Rahmen der Fracke-Berechnung nicht angewendet werden könne.
3. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellen/Abholen sind erstattungsfähig.
4. Der Abzug für ersparte Eigenkosten ist auch dann von der Mietwagenklasse des verunfallten Fahrzeuges vorzunehmen, wenn ein klassenkleineres Fahrzeug gemietet wurde.
5. Der Abzug für Eigenersparnis in Höhe von 5 Prozent erfolgt vom Gesamtbetrag inklusive der Nebenkosten.
6. Ob die zu Mietbeginn geschlossene Abtretungsvereinbarung "erfüllungshalber" wirksam ist, kann dahinstehen, da die zweite Abtretung "an Erfüllung statt" den Schadenersatzanspruch rechtswirksam an die Klägerin übertragen hat.

Zusammenfassung: Das Berufungsgericht in Hannover spricht der aus abgetretenem Recht klagenden Autovermieterin weitere Mietwagenkosten nach dem Mischmodell zuzüglich Nebenkosten zu. Ein Eigenersparnisabzug erfolgt von der Gesamtsumme, auch insofern der Rechtsprechung des OLG Celle folgend.

Bedeutung für die Praxis: Die Beklagte ist wie wohl alle Versicherer der Auffassung, dass die Schwacke-Werte auch im Rahmen des Mischmodells nicht anwendbar sind und lässt sich immer wieder verklagen. So wird eine Mietwagenforderung auf Fracke-Niveau ebenso gekürzt, wie vor Etablierung des Mischmodells, als eine Abrechnung auf dem mittleren Niveau der Schwacke-Abrechnung der Normalfall war. Die Gerichte gehen da überwiegend nicht mit und suchen den Mittelweg, wie auch hier das Landgericht Hannover. Einen Sonderweg geht das Gericht in Bezug auf den Eigenersparnis-Abzug. Obwohl klassenkleiner vermietet wurde, erfolgt der Abzug von dem Schätzwert der Mietwagenklasse des Geschädigtenfahrzeuges, leider vom Gesamtbetrag und damit auch von Teilen der Mietwagenabrechnung, die bei dieser Rechenoperation eigentlich keine Rolle spielen können.
Da das Landgericht Hannover in der Vergangenheit eine Sonderauffassung auch zum Thema Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung eingenommen hatte, wurde von der Klägerin eine Abtretung an Erfüllung statt nachgeschoben, deren Wirksamkeit und damit Aktivlegitimation der Klägerin vom Gericht bestätigt wurde.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 37-23

Landgericht Bonn 8 S 53/23 vom 08.09.2023 (Hinweisbeschluss)
(Vorinstanz: Amtsgericht Siegburg 115 C 23/23 vom 31.05.2023)

1. Dem Geschädigten ist kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vorzuwerfen, da die Preisvorgaben der Beklagten lediglich auf unkonkreten Angeboten beruhten, auf die sich der Geschädigte nicht einlassen musste.
2. Der Normaltarif für erstattungsfähige Mietwagenkosten ist nach der Fracke-Methode zu bestimmen.
3. Die Einwendungen der Beklagten gegen die bevorzugte Schätzgrundlage sind unkonkret und zurückzuweisen.
4. Auf den Grundbetrag des Normaltarifes ist ein unfallbedingter Aufschlag gerechtfertigt und daher ebenso von der Beklagten zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Landgericht Bonn weist die Beklagte darauf hin, dass ihr Berufungsvorbringen keinerlei Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Anders als der Schädigerversicherer sah das Gericht keinen Verstoß des Geschädigten gegen seine Obliegenheit zur Schadengeringhaltung. Die Beklagte meinte außerdem, dass es rechtsfehlerhaft sei, den Normaltarif mittels Fracke zu schätzen und darauf einen unfallbedingten Aufschlag zuzusprechen.

Bedeutung für die Praxis: Hervorzuheben sind die Themen "Direktvermittlungsversuch der Beklagten" und "Unfallbedingter Aufschlag auf den Grundpreis des Normaltarifs".
In einem der drei verhandelten Fälle hatte der Versicherer dem Geschädigten ein Mietwagenangebot unterbreiten wollen, auf das er ihn sodann in der Schadenregulierung festhalten wollte. Grundsätzlich hält das Berufungsgericht das mit dem Blick auf den BGH für möglich. Mit einem Telefonanruf ginge das jedoch in keinem Fall und mit dem Ergänzungsschreiben habe der Versicherer auch kein hinlänglich konkretes Angebot abgegeben. Der Geschädigte müsste dazu die Information erhalten, wann er wo welches konkrete Fahrzeug bekomme. Lediglich die Zusage einer Fahrzeugklasse, zudem lediglich vergleichbar nach dem Kriterium der Motorisierung reiche nicht.
Interessant erscheint eine im Vergleich zu früheren Anschreiben an Geschädigte ergänzte Formulierung im Schreiben des Schädigerversicherers zur Preisnennung. Diese Formulierung sagt aus, dass der Geschädigte ggf. ein Update erhalten würde. Das Gericht sieht hier den Punkt, dass die vorherigen Aussagen nochmals verwaschen werden und damit den Geschädigten im Unklaren lassen. Für den Autor dieser Zeilen ist diese Formulierung noch mehr: Eine Bestätigung seiner Auffassung, dass Versicherer im Augenblick der Preisvorgabe keine Ahnung haben, was sie den Geschädigten anbieten müssten. Sie müssten ein konkretes Angebot abgeben, haben aber keine Kenntnisse zum Schadenersatzanspruch. Daher unternehmen sie den Versuch, ein Update für alle Fälle abzugeben, um später daraus zu konstruieren: "Wir hätten den Geschädigten mobil gehalten, egal was er braucht." Ihre Beweislast, dass der Geschädigte seine Schadenminderungspflicht verletzt habe, können sie damit aber nicht erfüllen, denn er hatte kein konkretes Angebot, das er prüfen konnte.
Das Gericht spricht auch einen Aufschlag auf den Normaltarif zu, sofern unfallbedingte Mehrleistungen erforderlich gewesen sind (§ 249 BGB). Ein solcher Aufschlag sei bereits erstattungsfähig, wenn es einen von mehreren denkbaren Grund dafür gibt (offenes Mietende -> Miete für den Anbieter schlechter zu kalkulieren und daher teurer; Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Anbieter -> wann bekommt er sein Geld, bekommt er es überhaupt und vollständig; Miete ohne Sicherheitsleistungen -> erhöhtes Schadeneintrittsrisiko und erhöhtes Risiko, im Fall eines Schadens keinen Ersatz zu erhalten).

Das Verfahren ist abgeschlossen, die Beklagte hat den Restbetrag bezahlt.

 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 36-23

Amtsgericht Bonn 118 C 214/22 vom 06.02.2023 

1. Aufgrund fehlender Werte in Fraunhofer für die Klasse des gemieteten Ersatzfahrzeuges ist der Mietwagenkosten-Normaltarif allein anhand der Schwacke-Liste zu schätzen.
2. Aufgrund spezifischer Mehrleistungen der Anmietung nach einem Unfall ist im Rahmen der Erforderlichkeit ein unfallbedingter Aufschlag auf den Grundwert zuzusprechen.
3. Da ein klassenkleineres Mietfahrzeug verwendet wurde, muss kein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen berücksichtigt werden.
4. Kosten außerdem erforderlicher Nebenleistungen für eine erweiterte Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen, für die Vermietung inklusive eines Navigationsgerätes sowie für Winterreifen sind ebenso vom Schädiger zu erstatten.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bonn wendet zur Bestimmung des ersatzfähigen Normaltarifes die Schwacke-Liste an und hält auch einen unfallbedingten Aufschlag in Höhe von 20 Prozent für erstattungsfähig. Für angefallene Nebenleistungen berechnete Kosten der Vermieterin werden ebenso bis zur Höhe der Schwacke-Werte zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis: Das Amtsgericht Bonn, welches den Normaltarif der Mietwagenkosten üblicherweise entsprechend der Rechtsprechung des Landgerichts Bonn anhand des Mischmodells schätzt, wendet hier allein das arithmetische Mittel der Schwacke-Liste an. Der Grund dafür ist, dass zur vermieteten Mietwagenklasse in der Fraunhofer-Liste keine Werte ausgewiesen werden. So steht für eine Schätzung nach § 287 ZPO lediglich die Anknüpfungstatsache "Schwacke" zur Verfügung.
Die Gewährung eines unfallbedingten Aufschlags erfolgt unabhängig von einer Eil- und Notsituation. Als Gründe werden gesehen die Vorfinanzierung des Mietzinses durch den Vermieter, dessen Verzicht auf die Stellung einer Kaution und auf Einsatz einer Kreditkarte sowie die Vermietung bei offenem Mietende. Bereits das Vorliegen eines der Aufschlags-Gründe reicht für dessen Berechtigung aus.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 35-23

Amtsgericht Bühl 3 C 109/22 vom 28.11.2022 

1. Der Anspruch auf Ersatz entstandener Mietwagenkosten kann im Einzelfall auch unterhalb der "20 km-Grenze" gegeben sein.
2. Die Schätzung der erforderlichen Kosten erfolgt anhand der Schwacke-Liste Automietpreisspiegel.
3. Die Eignung der Schwacke-Liste bedurfte angesichts des lediglich allgemein gehaltenen Vortrages der Beklagten keiner konkreten Klärung.
4. Sofern Geschädigte klassenkleinere Fahrzeuge anmieten, müssen sie sich keinen Abzug für ersparte Eigenkosten anrechnen lassen.
5. Über den Normaltarif hinaus können Geschädigte Kosten erforderlicher Nebenleistungen ersetzt verlangen, hier für eine Vollkaskoversicherung für das Mietfahrzeug und für Winterreifen-Ausstattung.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Bühl sieht bei Vorliegen konkreter Gründe auch dann einen Anspruch auf die Erstattung von Mietwagenkosten, wenn der Geschädigte weniger als 20 km pro Tag mit dem Mietwagen gefahren ist. Die Höhe erstattungsfähiger Kosten wird mit Schwacke geschätzt, ein Grund für ein Mietwagenkosten-Gutachten ergibt sich aus dem Beklagtenvortrag nicht.

Bedeutung für die Praxis: Die 20 km-Grenze wird von Versicherern gern genutzt, um eine Schadenkompensation zunächst grundsätzlich abzulehnen. Kläger müssen dann verdeutlichen, warum trotz geringer Fahrleistung ein Ersatzfahrzeug benötigt wurde und nicht stattdessen mehrfach ein Taxi genutzt werden konnte. Im hier zu entscheidenden Fall lagen dafür mehrere Gründe vor. Der Geschädigte lebt in ländlichem Gebiet und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist unzureichend. Er arbeitet im Schichtdienst und hatte zusätzlich auch noch einen Arzttermin wahrzunehmen. 
Gegen die Anwendung der Werte des Schwacke-Normaltarifes führte die Beklagte aus, dass anhand der Fraunhofer-Liste und vorgelegter Internetbeispiele zu erkennen sei, dass ein tatsächlicher Marktpreis viel niedriger liege. Das Gericht sah darin keinen konkreten Sachvortrag, da der Verweis auf Fraunhofer einen Zweifel gegen Schwacke nicht begründen könne und die Internetangebote nicht vergleichbar seien.
Weil auch der BGH die Anwendung der Schwacke-Liste nicht beanstandete, könne für Forderungen im Rahmen dieser Beträge auch keine Pflicht zu Erkundigung nach günstigeren Angeboten bestehen.

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 34-23

Amtsgericht Euskirchen 103 C 37/23 vom 01.08.2023 

1. Die Preisvorgabe der Beklagten ist unkonkret und bindet den Geschädigten daher nicht an den Anbieter oder den vorgegebenen Preis. Insbesondere fehlen Angaben zur Verfügbarkeit.
2. Die Schätzung des Normaltarifes für erforderliche Mietwagenkosten erfolgt anhand der Fracke-Liste.
3. Der Beklagtenvortrag gegen die Anwendung der Schwacke-Werte im Rahmen des Mischmodells ist kein auf den Fall bezogener Sachvortrag und macht auch eine weitere Sachaufklärung nicht notwendig.
4. Ein Abzug für ersparte Eigenkosten entfällt bei Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges.
5. Die Kosten der erforderlicheren Nebenleistung für Haftungsreduzierung sind ebenso erstattungsfähig.
6. Wegen Besonderheiten der Anmietung nach einem Unfall - wie Miete ohne Gestellung von Sicherheiten und ohne Angabe des Rückgabezeitpunktes - ist ein um 20 Prozent erhöhter Grundpreis gerechtfertigt.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Euskirchen weist den Einwand der beklagten Haftpflichtversicherung zurück, der Geschädigte hätte aufgrund eines rechtzeitig und umfänglich erteilten Mietwagenangebotes gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen, als er bei der Klägerin zum Marktpreis gemietet hat. Die erstattungsfähigen Kosten werden per Mischmodell zuzüglich unfallbedingtem Aufschlag und Nebenkosten geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Das Gericht schaut sich das angebliche Mietwagenangebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten genauer an und stuft es als zu unkonkret ein. Der Geschädigte habe nicht wissen können, ob er tatsächlich bedient wird und er kannte die Zahlungsmodalitäten nicht genau. Daher kann ihm auch kein Verstoß gegen die Pflichten zur Geringhaltung des Schadens vorgehalten werden.
Der Vortrag der Beklagten gegen die Art der Schätzung ist ebenso ungeeignet. Die dem Gericht vorgelegten Internetbeispiele sind nicht mit dem konkreten Bedarf des Geschädigten vergleichbar. Das betrifft das konkrete Fahrzeug, den Mietzeitraum, die Zahlungsbedingungen mit der Notwendigkeit der Vorfinanzierung durch den Mieter usw.  
Zur Bildung des Mischmodells der konkreten Mietwagenklasse lag dem Gericht kein Fraunhofer-Wert vor, weil Fraunhofer zur konkreten Mietwagenklasse keinen Wert anbietet. Zur Schätzung nach § 287 ZPO ist es zwar auch nach der BGH-Rechtsprechung grundsätzlich denkbar, einen Mittelwert aus den Listen von Schwacke und Fraunhofer zu bilden. Doch wenn Fraunhofer keinen Wert ausweist, erscheint der Rückgriff auf eine andere Mietwagenklasse und einem dann folgendem prozentualen Abschlag doch sehr weit hergeholt. In mehreren Schritten kommt das Gericht letztlich auch zu einem Fraunhofer-Wert, doch der Weg dorthin scheint eher willkürlich und nicht mehr von § 287 ZPO gedeckt. Ohne Anknüpfungstatsachen kein Mischmodell. Dann bliebe zur Schätzung nur der Schwacke-Wert.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 33-23

Landgericht Berlin 42 S 19/23 vom 05.05.2023 
(Vorinstanz Amtsgericht Berlin-Mitte 124 C 263/22 vom 24.02.2023) 

1. Verzögerungen im Reparaturablauf hat der Schädiger zu vertreten und dann die Kosten einer längeren Mietdauer zu tragen.
2. Die Höhe erstattungsfähiger Mietwagenkosten (Grundbetrag des Normaltarifes) ist anhand der Schwacke-Liste zu schätzen.
3. Der Verweis auf Fraunhofer und dortige niedrigere Werte ist kein konkreter Sachvortrag.
4. Kosten erforderlicher Nebenleistungen sind Teil des zu erstattenden Schadenersatzbetrages.

Zusammenfassung: Das Landgericht Berlin bestätigt seine Schwacke-Rechtsprechung. Solange der Schädiger keine konkreten Argumente gegen die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste vorbringt, wird sie verwendet. Auch Kosten für Nebenleistungen wie hier für eine reduzierte Selbstbeteiligung im Schadenfall sind vom gegnerischen Versicherer zu zahlen.

Bedeutung für die Praxis: In Berlin bleibt es weit überwiegend beiSchwacke. Versicherer weisen weiterhin auf die Rechtsprechung des Kammergerichtes hin und fordern eine Änderung pro Fracke. Doch das Landgericht antwortet, dass die OLG-Linie einen konkreten Sachvortrag erfordert, inwieweit im Einzelfall eine Schätzgrundlage nicht anwendbar sein soll. Dazu reicht es nicht, zu argumentieren, in Fraunhofer seien die Werte niedriger.
Die Kosten einer Reduzierung der Selbstbeteiligung im Schadenfall auf Null Euro sind ebenfalls zu ersetzen. Das ist nicht abhängig zu machen vom Bestehen einer Kaskoversicherung für das Unfallfahrzeug, sondern soll die Risiken im Umgang mit dem aufgezwungenen Mietfahrzeug abdecken.

Zitiervorschlag: "Kein Fracke und kein Fraunhofer, wenn kein konkreter Sachvortrag" 

"Konkrete Tatsachen, die vorliegend Zweifel an der Geeignetheit des Schwacke Automietpreisspiegel 2018 begründen könnten, hat die Beklagte nicht dargelegt; die pauschalen Einwendungen, die Gegenstand der allgemeinen Diskussionen sind, genügen dafür jedenfalls nicht (so auch Kammergericht, Urteil vom 02.09.2010 - 22 U 146/09 - am angegebenen Ort)."
Landgericht Berlin 42 S 19/23 vom 05.05.2023

Zitiervorschlag: "Kosten für Kasko Null immer zu ersetzen"

"Auch der Zuschlag zu einer Vollkaskoversicherung ist ersatzfähig. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der durch einen fremdverschuldeten Unfall geschädigte Kfz-Eigentümer bei Inanspruchnahme eines Mietwagens die Aufwendungen für eine der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung entsprechende Haftungsfreistellung grundsätzlich insoweit ersetzt verlangen, als er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war." 
Landgericht Berlin 42 S 19/23 vom 05.05.2023

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 32-23

Amtsgericht Stuttgart 47 C 480/23 vom 24.05.2023

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht Fracke sondern Schwacke zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten anzuwenden.
2. Bei klassenkleinerer Anmietung wäre ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen unbillig.
3. Aufgrund der Sofortanmietung ist ein unfallbedingter Aufschlag in Höhe von 20 Prozent auf den Grundwert des Normaltarifs im Rahmen der Erforderlichkeit für drei Tage zuzusprechen. 
4. Kosten erforderlicher Nebenleitungen für Haftungsreduzierung, Winterreifen und Zustellen sind erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Stuttgart spricht weitere Mietwagenkosten nach der Linie Schwacke plus Aufschlag plus Nebenkosten zu. Der Auffassung der Beklagten wird nicht gefolgt, weil in der Region, in der die Leistung erbracht wurde mit Fracke geschätzt wird, müsse das nun hier in Stuttgart auch so sein. Weil das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit gewesen ist, erkennt das Gericht auf eine eilbedürftige Anmietung und spricht den Aufschlag von 20 Prozent zu.

Bedeutung für die Praxis: In Stuttgart gilt weiterhin, dass Schwacke mit Blick auf den BGH die anwendbare Schätzgrundlage ist und lediglich konkreter auf den Fall bezogener Sachvortrag zu prüfen wäre. Daher reicht ein allgemeiner Verweis der Beklagten auf das Mischmodell Fracke nicht. 
Die Schätzung des Grundwertes des Normaltarifes erfolgt mit den Pauschalen Wochentarif, 3-Tagestarif und Tagestarif.
Auch wenn das dem Geschädigten gehörende Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt keine Winterreifen aufgezogen hatte, sieht es das Gericht je nach Anmietzeitpunkt für erforderlich an, dass der Mietwagen mit Winterreifen ausgerüstet ist und spricht auch diese Nebenkosten dann zu. 
Den unfallbedingten Aufschlag gibt es, wenn das beschädigte Fahrzeug nicht mehr fahrfähig ist. Ein Fahrbedarf wird unterstellt, denn immerhin war der Geschädigte bis zum Unfall ja mit seinem Auto unterwegs, reduziert allerdings auf drei Tage, wofür eine Begründung fehlt.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 31-23

Amtsgericht Hamburg St. Georg 916 C 55/23 vom 12.07.2023

1. Der vorgelegten Mietwagenrechnung kommt eine Indizwirkung für die Höhe der erforderlichen Kosten zu.
2. Bei einer Ersatzwagenanmietung zum Normaltarif verstößt der Geschädigte nicht gegen seine Obliegenheit zur Geringhaltung des Schadens, wenn er sich nicht nach Alternativen erkundigt.
3. Dem Geschädigten steht ein flexibel nutzbares Ersatzfahrzeug zu - ohne Einschränkungen bei der Kilometerbegrenzung und ohne eine verbindliche Angabe des Rückgabezeitpunktes.
4. Die Fraunhofer-Liste ist keine geeignete Schätzgrundlage und auch die Internetbeispiele der Beklagten begründen keinen Zweifel an der Erforderlichkeit der von der Klägerin verlangten Kosten.
5. Kosten erforderlicher Nebenleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen und Abholen sind zusätzlich erstattungsfähig.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Hamburg St. Georg spricht dem Vermieter aus abgetretenem Recht die restlichen geforderten Mietwagenkosten vollständig zu und lehnt die Anwendung der Fraunhofer-Liste ab. In dem Verfahren hatte die Klägerin ein Parteigutachten des BAV vorgelegt, aus dem deutlich wurde, dass die Fraunhofer-Werte mit der Realität des Internet-Marktes für Mietwagen nicht viel gemein haben.

Bedeutung für die Praxis: Die Rechtsprechung in Hamburg wendet seit Jahren festgefahren Fraunhofer zur Schätzung des Normaltarifes an. Wie die Werte dort zustande kommen, ist bisher ungeklärt und sie passen nicht zur Realität der Internet-Preise. Das hat der BAV auch für den regionalen Markt in Hamburg aufgezeigt und der Kläger dem Gericht vorgelegt. Statt nach § 287 ZPO auf der Grundlage von Fraunhofer zu schätzen, sah das Gericht den Rechnungsbetrag als erforderlich an. Neben anderen Gründen verwies das Gericht auf den fehlenden Wert der konkreten Mietwagenklasse. Es ist nicht sicher, dass andere Gerichte den § 287 ebenso interpretieren würden, wichtig erscheint jedoch, dass das Gericht erkannt hat, dass weder die Fraunhofer-Werte noch von der Beklagten später recherchierte Internetpreise die Berechtigung der klägerischen Abrechnung in Zweifel ziehen können. 

Hinweis: Es ist nicht bekannt, ob das Urteil bereits rechtskräftig geworden ist.

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 30-23

Amtsgericht Goslar 8 C 29/23 vom 24.06.2023

1. Die zur Aktivlegitimation zunächst vorgelegte "Abtretung erfüllungshalber" wird wegen Intransparenz und Verstoßes gegen § 307 BGB als unwirksam verworfen.
2. Die sodann erfolgte "Abtretung an Erfüllung statt" ist gültig und der Kläger damit aktivlegitimiert.
3. Die mündlichen und schriftlichen Hinweise der Beklagten zu günstigeren Anmietmöglichkeiten bei Kooperationspartnern genügen nicht den Anforderungen an ein konkretes und zumutbares Angebot.
4. Der erforderliche Betrag für Ersatzmobilität wird mittels Mischmodell der Listen geschätzt, zuzüglich Nebenkosten bzgl. Haftungsreduzierung, Zustellen, Zusatzfahrer und Winterreifen.
5. Ein Eigenersparnisabzug erfolgt in Höhe von 10 Prozent auf den Schätzwert eines klassengleichen Fahrzeuges, ungeachtet einer klassenniedrigeren Vermietung.

Zusammenfassung: Das Amtsgericht Goslar weist den beklagtenseits erhobenen Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht gegen den Geschädigten zurück. Denn die Schädigerversicherung hat kein konkretes Ersatzwagenangebot unterbreitet. Der schadenersatzrechtlich erforderliche Betrag für Ersatzmobilität wird mittels Fracke plus Nebenkosten geschätzt.

Bedeutung für die Praxis: Ob die Erstabtretung letztlich als eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers wegen intransparenter Regelungen anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben. Der BGH lässt sich anders verstehen. Hilfreich war auch hier, wenn die Abtretung erfüllungshalber im Streit ist, eine Abtretung an Erfüllung statt nachzuschieben. Ein solcher Forderungskauf ist für den geschädigten ohne Risiko und daher steht die Frage der Benachteiligung nicht mehr im Raum.
Auch das Amtsgericht in Goslar gibt dem Schädiger bzw. seiner Versicherung auf, für eine Preisvorgabe zuvor ein konkretes und annahmefähiges Angebot zu unterbreiten, das den Anspruch des Geschädigten bedient. Allgemeine Hinweise auf Preise und Anbieter gelten nicht als Angebot.
Beim Thema Eigenersparnis urteilt des Gericht so, dass grundsätzlich vom Geschädigtenfahrzeug auszugehen und ein Abzug von 10 Prozent vorzunehmen ist, was tatsächlich vermietet wurde, spielt dann keine Rolle mehr.

BGH-Auffassung zur Direktvermittlung ist absurd

Immer wieder weist der Autor darauf hin, dass die BGH-Rechtsprechung zu § 254 BGB "Direktvermittlung von Mietwagenangeboten", wie der sie zum Aktenzeichen VI ZR 141/18 geäußert hat, einfach falsch ist.

Der Leitsatz des vielzitierten Urteils lautet:

"Ein Unfallgeschädigter kann aufgrund der ihn gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB treffenden Schadensminderungspflicht auch dann gehalten sein, ein ihm vom Kfz-Haftpflichtversicherer vermitteltes günstigeres Mietwagenangebot in Anspruch zu nehmen, wenn dem günstigeren Angebot ein Sondertarif zugrunde liegt, der ihm ohne Mithilfe des Versicherers außerhalb eines Unfallersatzgeschäfts nicht zur Verfügung stünde"

Und in Randziffer 21 heißt es:

"Ob der vom Geschädigten gewählte Tarif in diesem Sinne "erforderlich" war, kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allerdings offenbleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Tarif "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihn gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. Denn in diesem Fall ist der vom Geschädigten tatsächlich gewählte Tarif schon wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erstattungsfähig; zu erstatten sind dann nur die Kosten, die dem Geschädigten bei Inanspruchnahme des günstigeren Tarifs entstanden wären"

Randziffer 24:

"Dass sich ein ordentlicher und verständiger Mensch bei Vorliegen inhaltlich vergleichbarer Mietwagenangebote für das (im Streitfall: wesentlich) günstigere Angebot entscheiden würde, liegt jedenfalls dann auf der Hand, wenn - wie im Streitfall - Anhaltspunkte für die fehlende Seriosität des günstigeren Anbieters und seines Angebots nicht ersichtlich sind."

Randziffer 31:

"Schließlich erweist sich auch die Rüge der Revision nicht als durchgreifend, das Berufungsgericht habe hinsichtlich Fall 1 außer Betracht gelassen, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten den Schaden bei Anmietung des Ersatzfahrzeugs durch den Geschädigten B. noch gar nicht gemeldet gehabt habe und eine Klärung lediglich in Aussicht gestellt worden sei. Dieser Umstand ist im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erheblich. Die sich aus dieser Vorschrift ergebende Obliegenheit des Geschädigten, den Schaden gering zu halten, ist in Kfz-Schadensfällen davon unabhängig, ob der Schädiger den Schadensfall bereits seinem Haftpflichtversicherer gemeldet hat. Auch macht die fehlende Zusage des Haftpflichtversicherers, den Schaden dem Grunde nach (voll) zu übernehmen, es dem Geschädigten nicht unzumutbar, eine ihm vom Haftpflichtversicherer aufgezeigte, für ihn ohne weiteres zugängliche günstigere Anmietmöglichkeit in Anspruch zu nehmen."

Dem Versicherer obliegt hierbei allerdings die Beweislast, dass der Geschädigte bei der Wahl eines konkreten Mietwagenangebotes gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens verstoßen hat. Voraussetzung zur Maßgeblichkeit eines Direktvermittlungsangebotes ist, dass er dem Geschädigten ein konkretes und annahmefähiges und günstigeres Angebot unterbreitet hat. Soweit ist das ein allgemein anerkannter Grundsatz.

Jedoch ist auf zwei Probleme hinzuweisen:

1. Wie immer wieder festzustellen ist, werden keine konkreten Angebote unterbreitet. Oft fehlt es an konkreten Angaben zum Inhalt des Angebotes:

Was wird wann und wo von wem zu welchem Preis zur Verfügung gestellt?

Diese Angaben benötigt der Geschädigte, um ein vermeintliches Angebot zu prüfen und mit einem anderen Angebot zu vergleichen. Gerichte weisen unkonkrete Angebote als unerheblich zurück.

2. Noch gravierender ist die hoffentlich jedem einleuchtende Tatsache, dass ein Versicherer, der dem Geschädigten möglichst schnell anspruchsminimierende Vorgaben machen möchte, wenn er schnell sein will, für ein (Randziffer 21) zumutbares dessen konkreten Fall und Schadenersatzanspruch entsprechendes Angebot nicht die nötigen Informationen haben kann. Das ist der Regelfall. Der BGH scheint das in Randziffer 31 zu erkennen und sieht keinen Grund, warum der Geschädigte das "Angebot" nicht annehmen müsste.

Der BGH ist also der Auffassung, dass der Versicherer für ein für den Geschädigten beachtliches Angebot nicht wissen muss,
- ob der Schaden wirklich passiert ist
- ob der Schädiger bei ihm haftpflichtversichert ist
- welchen Anspruch der Geschädigte tatsächlich hat.

Und dementsprechend läuft das dann in der Praxis auch ab:

Die DEVK macht dem Geschädigten Vorgaben und behauptet, dass genau die benötigte Ersatzmobilität bei Unternehmen XY für 49 Euro brutto pro Tag bereitsteht. Laut Regulierungsschreiben werden dann 30 Euro mehr bezahlt, da sich herausgestellt hat, dass für 49 Euro der Ersatzbedarf - wie er sich dann wohl erst später konkretisiert hat - für 49 Euro nicht zu decken war. 

Was macht der BGH da? Seine Rechtsprechung lautet: Der Versicherer darf behaupten was er will. Es spielt für die Frage der Schadenminderungspflicht keine Rolle, ob es Unsinn ist. Den Geschädigten bindet es trotzdem, auch wenn es ins Blaue hinein behauptet wurde? Vielleicht wissen die höchsten deutschen Zivilrichter nicht genug über die Abläufe in der Schadenregulierung?

Regulierungsschreiben 79 statt 49 Euro pro Tag ansehen 

 

Mietwagenrecht§wi§§en MRW aktuell 29-23

Amtsgericht Schleiden 9 C 13/22 vom 10.07.2023

1. Die Vorwürfe der Beklagten gegen den Geschädigten, er habe durch die Missachtung einer ihm angebotenen günstigen Anmietmöglichkeit gegen seine Schadenminderungsobliegenheit verstoßen, wird zurückgewiesen.
2. Die Behauptung der Beklagten dazu, dass dem Geschädigten überhaupt ein Mietwagenangebot unterbreitet wurde, erweist sich (mal wieder) als vollkommen aus der Luft gegriffen.
3. Erforderliche Kosten der Ersatzmobilität werden nach dem Mittelwert der Listen Fracke plus unfallbedingtem Aufschlag in Höhe von 20 Prozent bestimmt.
4. Kosten von erforderlichen Zusatzleistungen für Haftungsreduzierung, Zustellen/Abholen und wintertaugliche Bereifung sind ebenso vom Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer zu erstatten.

Zusammenfassung: Der Streit vor dem Amtsgericht Schleiden um die Frage, ob dem Geschädigten ein günstigeres Mietwagenangebot unterbreitet wurde, ergibt, dass sich die Beklagte das Direktvermittlungsangebot entweder ausgedacht hat oder sie das zumindest trotz einer von der Schadenregulierungsabteilung gefertigten einseitigen Gesprächsnotiz nicht beweisen kann. Denn der Geschädigte verneinte eindeutig, ein solches Angebot überhaupt erhalten zu haben. Sodann entscheidet das Gericht nach Mischmodell plus Aufschlag und Nebenkosten.

Bedeutung für die Praxis: Der Streit um die Frage der Verletzung der Schadenminderungspflicht nimmt zu. Gibt es wie hier den frühen Kontakt der Schädigerversicherung mit dem ahnungslosen Geschädigten, erhält dieser meist aber kein konkretes Ersatzwagenangebot und ist daher an den genannten Preis nicht gebunden. 
Hier jedoch hat es das behauptete Mietwagenangebot nicht gegeben. Über einen ähnlichen Fall von Märchenerzählerei hatten wir bereits mit einem Newsletter in 2022 aufmerksam gemacht.
https://www.bav.de/vermietung-nach-unfall/allgemeines/3651-mietwagenrechtswissen-mrw-aktuell-9-22.html
Wer auch einen solchen Fall kennt, macht sich hier sehr beliebt, wenn er diesen an uns weitergibt.
Das einseitig gefertigte Gesprächsprotokoll offenbart außerdem, dass - wenn das Gespräch denn stattgefunden hätte - der Geschädigte eine viel zu niedrige Mietwagenklasse erhalten hätte, denn diese ist im Protokoll als "4" festgehalten. Der Anspruch bestand jedoch für ein Fahrzeug der Gruppe 07, gemietet wurde klassenkleiner die Gruppe 06. Auch hier hat der Versicherer also versucht, den Geschädigten über den Tisch zu ziehen und seinen bestehenden Schadenersatzanspruch unrechtmäßig zu beschneiden.
Und so liegt letztlich der von der Beklagten zu erstattende Betrag drei Mal höher als das, was sie zuvor freiwillig bezahlt hatte.

 

 

 

Unterstützung im Streit mit Versicherungen

Die Praxis zeigt, dass es sehr hilfreich sein kann, den Gerichten mit eigenen Internetbeispielen aufzuzeigen, dass regionale und zum Anmietzeitpunkt vorherrschende Internetpreise weit höher lagen, als es der Fraunhofer-Mittelwert suggeriert. Viele Vermieter bauen bereits auf die Unterstützung des Bundesverband der Autovermieter, wenn es zum Beispiel um die Frage geht: "Wie hoch lag der Preis zum Beispiel bei Europcar oder Sixt tatsächlich in 2021 in weiten Räumen Thüringens wie Gera, Erfurt und Jena ?" Hier kann ein umfangreiches BAV-Gutachten zu der Frage helfen, was von den Fraunhofer-Werten zu halten ist. Der BAV kann aber auch in seiner großen Screenshot-Datenbank schauen, was passend zum konkreten Fall vorliegt und einen Schriftsatzbaustein erstellen, der auf konkrete Angebote inkl. der Screenshots aufbaut.

Das Ziel sollte darin bestehen, sich nicht damit zufrieden zu geben, dass die Gerichte Fraunhofer als anwendbare Schätzgrundlage im Rahmen Fracke ansehen. ... und ohne eine solche Argumentation sogar immer die Gefahr droht, dass Gerichte von Schwacke zu Fracke oder von Fracke zu Fraunhofer umschwenken.

In unserer Datenbank sind inzwischen ca. 50.000 Beispiele abgelegt. Wollen Sie sich helfen lassen und gegenüber den Haftpflichtversicherern nicht kampflos aufgeben? Dann nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf.

Nur ein Beispiel:

Was kostet eine Woche Mietwagengruppe 04 in 2021 ohne Nebenkosten bei Sixt mit Vorkasse, Kaution, Buchung im Internet, feste Mietdauer usw.?

Fraunhofer weist für die PLZ 99 Mietwagengruppe 05 (04 gibt es nicht) pro Woche 282,81 Euro !!! aus. Damit arbeiten die Gerichte, wenn sie rein Fraunhofer anwenden oder Fracke berechnen.

Und die Realität sagt:

663,00 Euro pro Woche wären korrekt, siehe folgende Abbildung (Screenshot).

Das ist mehr als das Doppelte und liegt eher im Bereich Schwacke, trotz der Internetbedingungen wie kaution, Vorkasse...

Warum lassen wir uns das gefallen? Es lohnt sich doch, den Rest der Mietwagenrechnung nicht einfach auszubuchen.

 

 

 

 

 

Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V.

Wir stellen uns vor.

Der Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e.V. (BAV) wurde am 05. April 1954 gegründet. Er ist eine Interessenvertretung von Unternehmen, die Pkw, Anhänger, Transporter und Lkw vermieten. Der BAV repräsentiert ca. zwei Drittel des Gesamtmarktes der Autovermietung. Er steht den Mitgliedern für alle branchenrelevanten Aufgaben zur Verfügung.

Alles Wissenswerte haben wir für Sie in einer Verbandsbroschüre aufbereitet. Bitte schauen Sie hinein. Sie erfahren wer wir sind und welche Aufgaben der BAV für die Branche der Autovermietung übernommen hat. Sie sehen, wie erfolgreich wir dabei bisher gewesen sind und warum es sich lohnt, unserer Interessengemeinschaft beizutreten und in Zukunft mit uns zusammenzuarbeiten.

Bitte hier klicken ...

BAV - Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e. V.
Hohenzollerndamm 123
14199 Berlin
Tel.  030 - 25 89 89-45
Fax: 030 - 25 89 89-99

 

Urteilsdatenbank des BAV

Der BAV bietet den Zugriff auf eine Datenbank für Gerichtsurteile und Fachartikel bzgl. Mietwagen an.

Meinung der Nutzer (10.08.2022):
„Die Datenbank des BAV ist für die Mitglieder von großem Nutzen. Hier kann sich der Autovermieter oder sein Anwalt jederzeit über den aktuellen Stand der lokalen Rechtsprechung informieren. Von unschätzbarem Wert ist die Datenbank für die überregionale bundesweite Rechtsprechung. Wenn ein Autovermieter nicht lokal Klagen kann, sondern am entfernten Unfallort oder am Sitz der Versicherung klagen muss, bietet die Datenbank wichtige Informationen über die dortige Rechtsprechung und insbesondere die möglichen Erfolgsaussichten einer Klage fern der Heimat.“

In der Datenbank sind - zumeist im Format PDF - enthalten:
- alle wichtigen BGH-Urteile der letzten Jahre
- alle wichtigen und uns bekannten Urteile der Oberlandesgerichte und der Landgerichte seit 2008
- jeweils mindestens ein Urteil einer Abteilung eines Amtsgerichtes seit 2008, soweit bekannt und von Bedeutung
- alle aktuellen uns bekannten Urteile seit Mitte 2010

Mitte 2022 befinden sich ca. 6.600 Dokumente in der Datenbank. Für ...

weiterlesen...
nach oben